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Immobilien und Recht: Damit Ziegelsteine nicht zu Stolpersteinen werden

Ob allein oder zu zweit, ob für sich selber oder zwecks Vorsorge – worauf es bei Immobilienkauf und -errichtung zu achten gilt, erklärt Rechtsanwältin Dr. Carina Romanek.

© Maximilian Lottmann
© Maximilian Lottmann

Bis auf ein jugendliches Intermezzo, als sie Rockgitarristin werden wollte, war für Dr. Carina Romanek immer klar: Sie will Jus studieren, um sich gegen Ungerechtigkeiten einsetzen zu können. Sie wird jung Mama und inhaliert rechtliches Wissen dennoch unter der Mindeststudiendauer, mit knapp 30 ist sie bereits Rechtsanwältin. Parallel dazu macht Dr. Romanek eine Mediationsausbildung, studiert Betriebswirtschaft – und gründet mit einem Kollegen in Wien eine eigene Kanzlei.

Der Fokus von Dr. Carina Romanek liegt auf unternehmerischen und immobilienrechtlichen Anliegen. Sie lehrt zudem an der Fachhochschule des BFI Privat- und Unternehmensrecht. Wir sprachen mit ihr über Dos und Don’ts bei Immobilienkauf und -errichtung.

Wenn man eine Immobilie kaufen möchte: Wann ist der ideale Zeitpunkt, sich juristisch beraten zu lassen?

Dr. Carina Romanek: Bevor man ein Kaufangebot legt. Ich empfehle immer zuerst die Immobilie rechtlich prüfen und erst dann ein Kaufangebot ausformulieren zu lassen, für das sowohl die eigenen Ziele als auch die rechtlichen Themen der Liegenschaft berücksichtigt wurden. Konkret bedeutet das: Ich sollte beispielsweise im Vorfeld erfahren, dass das Objekt für gewerbliche Nutzung gewidmet ist, ich aber drinnen wohnen möchte. Oder dass, wenn ich ein Grundstück kaufe, um ein Haus darauf zu bauen, ich eine rechtlich gesicherte Zufahrt brauche.

Stellt sich rechtzeitig heraus, dass die Immobilie für die jeweiligen Bedürfnisse sozusagen ein rechtliches Hinkebein hat, kann diese Information wiederum in die Kaufpreisverhandlungen einfließen, sodass man sehenden Auges über die Umstände einen günstigeren Preis ausverhandelt.

Wann werden Immobilien-Themen deiner Erfahrung nach „frauenspezifisch“?

Wenn „beziehungsbezogen“ Immobilien erworben werden. Es klingt unromantisch, aber man sollte sich auch aus rechtlicher Sicht die Frage stellen: Passt für uns eine Ehe oder eine Lebensgemeinschaft besser? Es ist ein Irrtum, dass der Unterschied nur ein Papier ist.

Ein häufiger Fehler in der Praxis ist: Der Mann hat ein Grundstück und das nicht verheiratete Paar baut auf diesem gemeinsam ein Haus. Nach österreichischem Sachenrecht ist es aber grundsätzlich so, dass der Eigentümer der Liegenschaft ebenso Eigentümer der darauf gebauten Immobilie ist. Das ist vielen nicht bewusst – und wenn es dann zur Trennung kommt, folgt die große Frage: Was wird in welchem Ausmaß ausgeglichen?

Oft gibt es zu Ungunsten der Frau ein Ungleichgewicht. Das liegt häufig daran, dass der Mann Alleineigentümer der Immobilie im Grundbuch ist und die Kreditraten bedient, die Frau bezahlt hingegen „nur“ beispielsweise die Vorhänge, die Küchenausstattung, die Lebensmittel für die Arbeiter etc. – all das kann sich ebenso auf Zigtausende Euro summieren. Aber: Die Lebensmittel werden gegessen, Vorhang, Geschirr und Ähnliches ist nach einiger Zeit der Benützung wertlos, während die Immobilie im Wert gestiegen ist.

Es klingt unromantisch, aber man sollte sich auch aus rechtlicher Sicht die Frage stellen: Passt für uns eine Ehe oder eine Lebensgemeinschaft besser? Es ist ein Irrtum, dass der Unterschied nur ein Papier ist.

Die Botschaft für eine Immobilie in einer Partnerschaft lautet also: vor dem Handeln sich die Frage stellen, wie wollen wir es fair gestalten?

Richtig – und da gibt es viele Varianten, die ich durchbesprechen würde. Eine Lösung kann sein: Man macht von Anfang an Hälfte-Hälfte – bei der Kostentragung und im Grundbuch. Es können dann beide gemeinsam einen etwaigen Kredit bedienen und die Hauserrichtungskosten tragen. Eine andere Variante wäre: Man steuert einen bestimmten Geldbetrag bei und stellt die Rückzahlung des beigesteuerten Geldbetrages im Fall der Trennung grundbücherlich mithilfe eines Pfandrechtes sicher. Sollte die Lebensgemeinschaft enden, muss der Betrag wertgesichert zurückbezahlt werden. Eine weitere Lösungsform kann sein, vor allem wenn es gemeinsame Kinder gibt, dass man ein lebenslanges Wohnrecht eintragen lässt oder beispielsweise ein Wohnrecht so lange einräumt, bis das jüngste Kind 18 Jahre alt ist. Es gibt sehr viele Lösungsvarianten, wichtig ist, eine zu finden, solange die Beziehung noch intakt ist. Es ist immer leichter, Regelungen in friedlichen Zeiten im Einvernehmen zu treffen, als dann, wenn ein Konflikt bereits eskaliert ist.

In einem Beratungsgespräch kläre ich auch über die grundsätzlichen eherechtlichen Folgen auf, damit sich die beiden überlegen können, ob eventuell eine Heirat zielführend ist.

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© Maria Kovalets/Unsplash

Kann man sich „rechtlich zurücklehnen“, wenn man verheiratet ist?

Die rechtliche Ausgangssituation ist eine andere. Bei der Ehe unterscheidet man beispielsweise, welches Vermögen während aufrechter Ehe angeschafft wird und welches ein:e Ehepartner:in erbt, geschenkt bekommt oder in die Ehe einbringt. Ein Grundstück, das in die Ehe eingebracht wurde, unterliegt grundsätzlich nicht der nachehelichen Aufteilung im Fall der Scheidung, wenn aber auf dem Grundstück der Lebensmittelpunkt der Ehegatten begründet wurde, gibt es wiederum eigene Regelungen zur Nutzung dieser Ehewohnung.

Ich empfehle auch für eine Ehe vorab individuelle Vereinbarungen zu treffen – nicht zuletzt, weil wir ein altes Eherecht haben, dessen Reformierung schon lange diskutiert wird. Hinzu kommt, dass es in unserer Beratungspraxis ja nicht nur die Variante gibt, dass sich die beiden trennen, sondern auch die Varianten, dass es Kinder gibt oder nicht – oder dass jemand stirbt.

Auch für diesen Fall würde ich jedenfalls vorab besprechen, was passieren soll, wenn die beiden nicht verheiratet sind. Eine wiederkehrende Situation: Wenn es keine Kinder und kein abweichendes Testament gibt, sieht das Erbrecht vor, dass die Eltern der verstorbenen Person erben. Ich frage dann die Klient:innen: Was bedeutet das beispielsweise für Ihre Wohnung – ist das so gewollt, dass die Eltern des Lebensgefährten Miteigentümer werden, oder sollen wir vorab ein Testament oder einen Schenkungsvertrag auf den Todesfall machen?

Wann sollte ich ein Testament aufsetzen?

Wenn ich verheiratet und kinderlos bin und möchte, dass mein:e Ehepartner:in alles erbt, muss ich keine gesonderten Regelungen treffen. Ab dem Zeitpunkt, wo ich bestimmte Vorstellungen habe, wer welche Vermögenswerte bekommen soll – Immobilien, Sparbücher, Autos – bzw. ich mehrere gesetzliche Erben habe, rate ich dazu, das in Testamentsform zu machen. Wenn es mehrere Erben gibt, würde ohne ein Testament Miteigentum zwischen den Erben entstehen. Miteigentum schafft oft  Konflikte in der Zukunft. Ein Testament kann jeden Tag geändert werden; das empfehle ich, wenn sich die Lebensumstände ändern, wenn beispielsweise Kinder auf die Welt kommen.

Gibt es ein Unternehmen, rate ich jedenfalls dazu, rechtlich Vorsorge zu treffen, damit nicht plötzlich minderjährige Kinder Miteigentümer des Unternehmens werden, was dazu führen würde, dass das Pflegschaftsgericht ein gewisses Mitspracherecht bei Unternehmensentscheidungen hätte.

Was ist der Unterschied zwischen einem Testament und einem Schenkungsvertrag?

Es werden mitunter Testamente „im letzten Moment“ geändert und beispielsweise der Pfleger als Alleinerbe eingesetzt, ohne dass die Familie davon erfährt. Wir Menschen werden älter, manchmal führen solche Verfügungen auch zu Konflikten über die Testierfähigkeit. Ein Schenkungsvertrag auf den Todesfall ist ein beidseitiger Vertrag und kann grundsätzlich nicht einseitig abgeändert werden.

Im Bezug auf Immobilien: Welche Vertragsfehler können passieren?

Die Bandbreite ist hier sehr, sehr groß. Erst kürzlich habe ich einen Klienten vor Gericht vertreten, wo es um eine Auseinandersetzung zwischen Käuferin und Verkäufer ging. Verkauft wurde eine Jahrhundertwende-Villa, auf der Liegenschaft befanden sich zwei weitere Gebäude. Ein kleiner Holzschuppen fand leider im Vertrag keine Erwähnung. Es stellte sich heraus, dass es dafür keine Baubewilligung gab und plötzlich waren kostenintensive behördliche Maßnahmen vorgeschrieben. Die Käuferin klagte dann 100.000 Euro ein – für einen Holzschuppen, dessen Wert sich laut aktuellem Gutachten auf 5.000 Euro beläuft. Dieser Gerichtsstreit wäre mit einem gründlich ausgearbeiteten Kaufvertrag vermeidbar gewesen. Ein anderes Beispiel: Eine Familie wollte ein Haus erwerben und darin drei Wohneinheiten machen, zwei waren bereits drinnen. Dann hat sich aber herausgestellt, dass es von der Stadt eine Widmung für konkret zwei Wohneinheiten gab. Es gibt noch erschreckendere Beispiele aus der Praxis, wo dann sogar Immobilien kontaminiert waren oder mangels Baubewilligungen abgerissen werden mussten.

Wann denkst du dir: Ich wünschte, der/die Klient:in wäre früher gekommen?

Wenn ein Gerichtsverfahren da ist, ist der Konflikt bereits eskaliert. Dann kann man davon ausgehen, dass es im Vorfeld zu wenig Aufklärung, zu wenig ausgetüftelte Vereinbarungen gab. Steht man sich im Gerichtssaal gegenüber, sind das bereits kostspielige Prozesse mit ungewissem Ausgang – die Verliererseite muss dann die eigenen Kosten, die Kosten der Gegenseite und oft auch Gutachterkosten tragen. Hier kann ich als Anwältin unterstützend agieren und noch versuchen, einen Vergleich zu finden. Der richtige Zeitpunkt, juristische Beratung einzuholen ist viel früher, nämlich vor Vertragsabschluss, um Konflikte überhaupt gar nicht erst entstehen zu lassen.

 

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© Kate Darmody/Unsplash

Ich möchte eine Eigentumswohnung kaufen, was muss ich wissen?

Aufgrund der hohen Baukosten sind Neubauwohnungen vom Bauträger aktuell extrem teuer, gleichzeitig muss ich wissen, dass wenn ich eine ältere Wohnung kaufe, ich ab sofort in alle Rechte und Pflichten aus dem Wohnungseigentumsvertrag eintrete. Stellt sich auch nur eine Woche nach dem Kauf heraus, dass das Dach saniert werden muss, muss ich mitzahlen. Ist die Reparaturrücklage nicht ausreichend dotiert, können über Sondervorschreibungen alle Wohnungseigentümer in die Pflicht genommen werden.

Einkalkulieren muss man freilich auch die Nebenkosten – dazu zählen Grunderwerbssteuer, Eintragungsgebühr, Beglaubigungs-, Rechtsanwalts- und Maklerkosten –; sie belaufen sich auf rund 10 Prozent des Kaufpreises.

Die Preise sind hoch, aber es scheint viele Immobilien am Markt zu geben. Wieso ist das so?

Verkäufer:innen tun sich aktuell aus unterschiedlichen Gründen schwer, Käufer:innen zu finden; einer ist, dass die Richtlinien bei den Kreditvergaben zuletzt sehr streng waren. Weil aber die Auswahl an Immobilien am Markt gerade recht groß ist, kann man als Käufer:in gut Kaufpreisverhandlungen führen – überhaupt, wenn der/die Verkäufer:in einen Zeitdruck hat. Das kann zB an einer Scheidung liegen oder daran, dass Pflichtteilsberechtigte ausbezahlt werden müssen.

Ich möchte eine Immobilie als Wertanlage erwerben. Worauf sollte ich aus juristischer Sicht achten?

Dafür empfehle ich aus rechtlicher Sicht – auch mit Blick auf die anderen europäischen Staaten – primär Neubauwohnungen. Da weiß man einerseits, dass man die nächsten Jahre eine Gewährleistung hat, wenn es Mängel geben sollte, andererseits passt die Energieeffizienz des Gebäudes. In Frankreich ist das für eine gewerbliche Vermietung bereits Bedingung.